Extropie - Wesen und Nachhaltigkeit von Information
Am Beginn unseres Universums war - gemäß Urknalltheorie - tatsächlich „Licht“ bzw. eine Raumzeit-lose Singularität mit einer Temperatur von 10^32 Kelvin. Wie aus dieser „Planck“-Welt genau das gesamte Weltall mit all seinen Galaxien, Raumzeit, Gravitation und Kräften wie dem Elektromagnetismus entstehen konnte, versuchen bislang nur einige unbestätigte Theorien zu beweisen.
Aber immerhin gelang es mit Teilchenbeschleunigern bereits Energie in Materie und umgekehrt zu verwandeln, was zeigt, dass Materie äquivalent zu Materie ist, Einsteins bekannte Formel E= m * c ^ 2 also stimmt. Wenn ein Photon (Lichtteilchen) nur genügend Energie besitzt, kann es in ein Elektron und ein Positron zerfallen. Leider ziehen die beiden sich an und zerstrahlen nach kürzester Zeit wieder zu einem Photon.
Ein Elektron oder Positron kann aber bereits unterschiedliche Zustände haben, etwa einen Spin genannten Eigendrehimpuls. Materieteilchen wie Elektronen oder gar Protonen haben Zustände, speichern also Information und repräsentieren somit eine Ordnung bzw. Extropie und geben somit allem in der Welt eine Struktur.
Dies Universum ist ein Wechselspiel von Entropie und Extropie. Die Extropie drückt sich im Entstehen immer komplexerer Strukturen und großen Informationsmengen aus, dem entgegen wirkt die Entropie, welche alle Ordnung zerstört und auch Materie wieder in pure Energie zerstrahlt, etwa durch den Massendefekt bei Kernreaktionen oder viel geringer auch exotherm bei chemischen Reaktionen wie der Oxydation bzw. dem Feuer.
Seit Anbeginn der Menschheit war das Erhalten von Informationen wichtig für alle Kulturen. Kulturgüter sind Informationsspeicher und geben der Kultur Struktur. Bis ins 20te Jahrhundert konnte Information nur durch mechanisches oder chemisches Bearbeiten von Materialien wie Stein, Glas, Metallen, Holz, Papier oder Stoff erhalten werden. Die Haltbarkeit solcher Aufzeichnungen bzw. Kulturgüter (Nachhaltigkeit) blieb durch entropische Prozesse wie Erosion, Verbrennung oder sonstige Zersetzung immer begrenzt, obwohl die „primitivsten“ Techniken wie Steinbearbeitung bis heute die nachhaltigsten blieben.
Moderne Methoden der Informationsspeicherung setzen statt auf chemische Prozesse auf den Elektromagnetismus. Magnetbänder und Festplatten etwa bedienen sich dem oben erwähnten Spin-Zustand von Elektronen, der sich in einem magnetischem Moment und somit Magnetfeldern äußert. Über äußere Magnetfelder etwa können ferromagnetische Materialien als Massenspeicher genutzt werden. Leider löscht bereits das Erdmagnetfeld derlei Speicherung schon nach wenigen Jahren. Flash-Speicher schließen Elektronen in einem isoliertem Bereich (Floating Gate) ein und nutzen so Ladungen als elektrostatischen Effekt zur Informationsspeicherung. Die Effektivität der Isolation ist aber begrenzt, Strahlung oder andere elektrische Felder können die Informationen aber auch nach wenigen Jahren zerstören. Auch der Arbeitsspeicher nutzt gespeicherte Ladung, aber hier muss ständige Energieversorgung die gespeicherte Ladung erhalten oder regelmäßig auffrischen, weil allein durch das Auslesen die Information verloren geht (beim heute meist verwendetem „dynamischen“ Arbeitsspeicher. Zerstörendes Auslesen bzw ein Refresh war übrigens auch bei den anfänglich genutzten Magnetkernspeichern erforderlich.
Technisch noch kaum genutzt aber Grundlage allen Lebens ist die chemische Informationsspeicherung - etwa mit Nukleinsäuren wie Ribonukleinsäure (RNA) und Desoxyribonukleinsäure (DNA). Aber auch begrenzen chemische Einflüsse und Strahlung die Speicherdauer stark. Bei der DNA vermeidet die Doppelhelix-Struktur wenigstens die vielen Kopierfehler, die bei der durch Viren bekannten RNA unkontrollierbar leicht zu vielen Mutationen führen.
Bei allen erwähnten Speichermethoden bewirkt Entropie, die sich etwa auch durch recht begrenzt erlaubte Temperaturbereiche ausdrückt einen Informationsverlust. Alle magnetischen Materialen sind beim Erreichen einer Curiepunkt genannten Temperatur nicht mehr magnetisch, Wärme äußert sich molekular durch Brownsche Bewegung, begünstigt viele chemische Reaktionen, löst kristalline Strukturen auf oder äußert sich elektrisch durch Rauschen. Rauschen verringert den Störabstand die Qualität bei jeglicher Übertragung von Information und ist ein Ausdruck von Entropie.
Im Kampf von Extropie gegen Entropie bleibt letztere immer Sieger, denn für das Speichern bzw. Ordnen von Information wird stets Energie benötigt, die letztlich als Wärme verstrahlt. Das sollte uns im Zeitalter des Anthropozäns mit seinem Klimawandel bewusst werden. Schon unsere Spezies benötigt aufgrund des leistungsfähigeren Gehirns mehr Energie als andere Arten gleicher Größe. Dies Gehirn und die Befähigung Informationen zu sammeln und dabei Wissen und neue Fähigkeiten zu erlernen, führte zur Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, welche durch Treibhausgase die globale Erwärmung respektive Entropie noch verstärken.
Die Wirkung dieser Entropie beweist aber auch den Energie-Erhaltungssatz. Wir „verbrauchen“ keine Energie, sondern verwandeln nur in chemischen Strukturen gespeicherte Bindungsenergie in Wärme, deren Energie das Erdklima in einer zunehmend katastrophalen Weise verändert. Einen nicht unbeträchtlicher Teil des Energiebedarfs entsteht durch Wachstum der Informationsverarbeitung.
Zwar ermöglicht die Miniatisierung der Hardware-Strukturen einen erheblich geringeren Energiebedarf, den kleinere Leitungswege bedeuten geringere Widerstände, Kapazitäten, Induktivitäten und Ladungen. Prinzipiell werden so weniger Elektronen bewegt, die bei geringerer Spannung auch weniger Energie befördern (eine Energieeinheit nennt sich ja Elektronenvolt), auch gehen Berechnungen und Speicherungen mit höherer Frequenz schneller vonstatten. Dem gegenüber steht aber ein immer stärkeres und häufig in Relation zu den Anforderungen unnötiges Wachstum der Software.
Bei komplexen Aufgaben - etwa digitaler Kommunikation - werden Informationen auf verschiedenen Ebenen abstrahiert übertragen. Das bekannte ISO-Schichtenmodell unterscheidet etwa 7 solcher Schichten. Auf Applikations- bzw. Dokumenten- Ebene kommen noch weitere Schichten dazu. Die Aufgaben jeder Protokollschichbt müssen klar spezifiziert sein, damit eine Kommunikation zu anderen Systemen im Netz möglich ist. Nur deshalb können heute so unterschiedliche Endgeräte wie Computer samt Peripherie, Telefone, Satelliten, Settop-Boxen, Kameras, Autos etc. über das „Internet“ kommunizieren. Große Protokollstapel bringen aber auch viel Komplexität mit sich und besonders bei unzureichender Spezifikation oder Verständnis werden Aufgaben redundant, ineffektiv oder fehlerhaft umgesetzt. So werden auf höheren Schichten, vor allem der Präsentationsschicht und Anwendungsschicht ineffektiv Aufgaben implementiert, welche auf unteren Schichten bereits existieren. Das geschieht nicht selten auch „mutwillig“, um Wettbewerbern zu schaden. Das zeigt sich besonders bei der Vielzahl von Dateiformaten, die oft noch nicht einmal offen gelegt werden oder sich von Programmversion zu Programmversion unterscheiden und gipfelt etwa in den „Browserkriegen“ rund um Web-Formate wie HTML, XHTML, SVG und CSS aber auch bereits unterschiedlichen Zeichensätzen und Dokumentenformaten von Office- oder Grafikprogrammen und Multimedia Codecs.
Die Kosten zur Ermöglichung von Interoperabilität steigen ins Unermessliche ebenso wie die für „Adapter“ notwendige Energie- und Rechenzeit-Verschwendung. Besonders begrenzt fehlende Offenlegung und unzureichende Spezifikation die Wirkdauer solcher Maßnahmen. Solche „Adapter“ funktionieren meist schon nach ein paar Monaten nicht mehr, wenn ein Update einer Anwendung erfolgt - was leider nicht selten auch vom Hersteller beabsichtigt ist oder dem Anwender gerne als „Sicherheit“ verkauft wird (Obfuskation).