Notebook für Freizeit-Systemintegratoren
Ich besitze bereits einige ältere Acer-Notebooks, etwa ein Extensa 3000, ein sehr schönes Ferrari 4000 und ein Aspire 1825PT Convertible (Tablet), weil ich ein gutes Preis-Leistungsverhältnis in Verbindung mit einer brauchbaren Ausstattung und halbwegs soliden, mechanischen Verarbeitung bei Acer immer sehr geschätzt habe.
Hinsichtlich der Systemintegration, d.h. der installierten Betriebssysteme und der Langzeitunterstützung von Treibern (Updates) gibt es da sicher manches zu beanstanden- etwa die Grundinstallation von Betriebssystemen auf FAT-Partitionen beim Extensa und Ferrari oder 32-Bit Windows- Versionen auf Geräten, die gut für 64-Bit Systeme geeignet sind, um so auch mehr als 3 GB Speicher nutzen zu können. Solide Hardware zum Einstiegspreis
Da die Hardware der alten Extensa- und Ferrari- Notebooks aber wirklich kaum für moderne Betriebssysteme geeignet ist, habe ich jetzt bei Atelco für € 300 ein Aspire E1-531 gekauft. Ich konnte kaum fassen, das man ein so modernes Notebook mit satten 8 GB DDR3-Ram (1333 MHz Bustakt) und 500 GB SATA- Platte), HD LED-LCD, Multinorm DVD-Brenner, schnellem IEEE 802.11n WLAN, solider Verarbeitung und kompletter Ausstattung günstiger als die meisten Netbooks und brauchbaren Tablets bekommt.
Der Schwerpunkt dieses Erfahrungsbericht soll aber nicht bei der gelieferten Hard & Software liegen- dazu gibt es an anderer Stelle schon genug - sondern wie man selbst „andere“ Betriebssysteme auf diesem Notebook einrichten kann und mit welchen Linux - Distributionen dieses mit vorinstalliertem Linpus Linux ausgelieferte System wie gut zurecht kommt.
Der "Schock" kommt nach dem Einschalten
Als „Bastler“ besuche ich beim ersten Einschalten natürlich erst mal mit F2 das Bios um zu sehen, ob da auch alles eingebaut wurde, was auf Schachtel und diversen Aufklebern am Gerät steht. Dabei fällt auf, daß das Notebook auch bereits EFI unterstützt, was aber nicht verwundert, weil davon auch Varianten mit vorinstalliertem Windows 8 zu haben sind. Leider wird ein Bastler bzw. Hobby-Systemintegrator sich an zu wenigen Einstellmöglichkeiten stören- so läßt sich etwa noch nicht einmal einstellen, wieviel RAM man für die Intel HD- Grafik opfern will und man kann nicht benötigte Schnittstellen nicht abschalten - von irgendwelchen Takt- Einstellungen für „Overclocker“ mal ganz zu schweigen.
Bootet man dann schließlich erscheint auf dem ansonsten schwarzen Bildschirm nur die Zeile:
[root@localhost/]#
Wer nun nicht der Generation C-64 oder älter angehört oder erfahrener Linux- Systemadministrator ist, kann denken, das Gerät sei defekt und geht damit gleich zum Händler zurück, wie ich auch schon in einigen Foren lesen konnte. Da ist aber gar nichts defekt, hier merkt der Käufer nur, daß er nicht zur richtigen Zielgruppe für das Gerät gehört oder getreu dem Motto „Geiz ist geil“ nur auf den Preis geschaut hat, ohne im Mindesten darauf zu achten, was er da eigentlich kauft und was es ihm bringt.
Auf diesem Aspire Notebook ist nämlich eine Basis-Version von Linpus, einer in Asien weit weit verbreiteten Spezialisierung von Red-Hat bzw. Fedora- Linux vorinstalliert. Solche Linux-Grundinstallationen besitzen selbstredend keine graphische Bedienoberfläche geschweige einen vorbereiteten Desktop, damit der Benutzer sich ganz individuell zusammen stellen kann, was er eigentlich braucht. Damit werden Puristen und Individualisten angesprochen, die gerne ein maßgeschneidertes Arbeitsplatz- Werkzeug ohne all den lästigen Schnickschnack wollen, der nicht nur von der Arbeit mit allerlei Gimmicks, Werbung und unbrauchbaren „Software-Pröbchen“ ablenkt, während die Tools, die wirklich zur Arbeit benötigt werden, irgendwo versteckt sind oder ganz fehlen.
Das ist ja gerade bei anderen „Notebooks von der Stange“ sehr lästig. Bei meinen bisherigen Acer-Notebooks blieb das im Rahmen, während man gerade bei etablierten Herstellern wie HP, Sony oder Toshiba beim ersten Einschalten einen zur Hälfte gefüllten Kramladen - Desktop mit unsinnigen Dienstleistungs- Lockangeboten von Virenschutz-Herstellern, Internet- Providern und -Dienstleistern, Photolabors und kommerziellen Musik/Video- Download-Plattformen vorfindet. Diese meist inhaltlich oder zeitlich begrenzte „Nagware“ verzögert den Systemstart beträchtlich und stiehlt jede Menge Arbeitsspeicher und auch Festplattenplatz und spioniert oft sogar den Benutzer aus. Beim Öffnen des Browsers geht dies schaurige Theater mit dutzenden von von niemandem erwünschten Favoriten, Startadressen, Suchmaschinen und Toolbars weiter. Bevor man ein halbwegs „sauberes“, sicheres und performantes Arbeitsgerät hat, verbringt man etliche Stunden damit, diesen extrem lästigen Müll zu entsorgen und riskiert dabei vielleicht noch, dabei etwas weg zu werfen, was zur Nutzung des Notebooks wirklich wichtig ist - wie etwa die Möglichkeit DVDs zu brennen oder Blueray Video abzuspielen.
All diese Sorgen hat man beim Aspire E1-531 gar nicht- dafür muß man viel Arbeit darin investieren, sich die Programme und Werkzeuge zusammen zu stellen, die man braucht anstatt erst einmal all den Müll wegzuräumen, den der Hersteller auf ein 08/15 Standardsystem aufgesattelt hat - auch um die Illusion einer Individualität oder gar herausragenden Features des Geräts vorzutäuschen.
Um das aber mit einer Linux- Grundinstallation leisten zu können, muß man bei Fedora bzw. Linpus Befehlszeilen mit Kommandos wie rpm bzw. yum verwenden, um sich jene „Pakete“ zu suchen und zu installieren, die man verwenden möchte. Diese Pakete enthalten wiederum meist auch erst einmal weitere Befehle und Textdateien zur Konfiguration, die man mit einem rudimentärem Texteditor wie vi oder nano bearbeiten muß, bevor man die Programme des Pakets richtig nutzen kann. Wenn man Pech hat, existiert für eine Hardware (recht häufig ein LAN- oder WLAN-Adapter) auch gar kein fertig installierbarer Treiber, sondern man muß einen neuen Betriebssystemkern (Kernel) oder einen Treiber erst einmal aus C-Quellcode-Modulen (Sourcen) bauen und so sogar eigene Pakete anfertigen.
Dieser Weg ist nur etwas für erfahrene Linux „Kernel-Hacker“ die dann vielleicht auch ein Linux wie Gentoo bevorzugen, kann aber glückicherweise beim Aspire E1-531 vermieden werden, weil einige aktuelle Linux Distributionen die verbaute Hardware weitestgehend unterstützen.
Linux Distributionen für den Aspire E1-531
Mit der vorinstalliertem Linpus Basisversion ein System aufzubauen, welches alle Möglichkeiten dieses modernen Notebooks erschließt kostet selbst geübte Linux Administratoren sicher einige Tage Arbeit. Für einen Linux-Einsteiger kann es wohl Wochen dauern, bis er sich in einschlägigen Foren durchgefragt und sich die richtigen Pakete beschafft und installiert hat. Deshalb ist das vorinstallierte Linpus wohl eher eine Verlegenheitsgeste von Acer, um sich selbst die Systemintegration einer brauchbaren Linux- Arbeitsumgebung zu ersparen. Glücklicherweise sind die Komponenten, die Acer bei diesem Notebook verbaut hat, aber nicht so exotisch, dass die populären Linux Distributionen sie nicht unterstützen würden.
Deshalb besteht der schnellste Weg, dieses Notebook zum Einsatz zu bringen, darin, sich die Live-Distributions DVDs einiger populärer Linux-Distributionen zu beschaffen und auszuprobieren. Dabei kann man leider nicht erwarten, dass alles gleich funktioniert. Im Extremfall stürzt das Notebook ab bzw. friert schon beim Laden der DVD mit schwarzem Bildschirm ein. Wahrscheinlicher sind Probleme mit der Netzanbindung - vor allem WLAN, Soundkarte, Energiespar- Funktionen und speziellen Tasten auf der Tastatur. Besonders die Tasten zum Einstellen von Lautstärke, Bildhelligkeit und Ein/Ausschaltung von Bluetooth und WLAN- Karten oder Zusatz- Grafikkarte funktionieren häufig in vielen Linux- Distributionen nicht.
Um es vorweg zu nehmen: Beim Aspire E1-531 funktioniert wohl bei keiner Linux- Distribution die Einstellung der Bildschirm- Helligkeit, während alle anderen Ausstattungsmerkmale des Geräts mit den aktuellen Releases populärer Distributionen (Ubuntu 13.04 und Fedora 18) einwandfrei funktionieren. Da Ubuntu und Fedora/Red Hat die Basis für viele andere Distributionen wie Linux-Mint, SuSE, Linpus, Bodhi und Mageia bilden, dürften die Probleme mit den meisten Linux- Distributionen für das Aspire E1-531 eher gering sein.
Installation von Debian 7.0 (Wheezy)
Debian, das letztlich auch die Grundlage für Ubuntu ist, läßt sich leider nicht ganz so problemlos wie Ubuntu auf dem Aspire E1-531 installieren. Schuld daran ist, dass Debian nur „freie“, also im C-Quellcode veröffentlichte Treiber mit der Distribution ausbreitet, sich also weigert, „Firmware“ von Herstellern auszubreiten, die von den Herstellern nicht im Quellcode ausgeliefert wird. Davon betroffen ist der Treiber für den BCM4313 WLAN- Adapter.
Dafür gibt es zwar gleich zwei Lösungen, neben dem vom Hersteller bereit gestelltem Treiber, der bei Wheezy aber nach der Installation erst aus den Quellen gebaut werden muß, kann aber auch der Treiber brcmsmac verwendet werden. Debian bietet bei der Installation die Einbindung eines zuvor herunter geladenen Treibers via USB-Stick an, ohne eine Netzverbindung bleibt eine Debian- Installation aber schwierig und lückenhaft. Der einfachste Weg ist also, das Notebook während der Installation mit einem Ethernet-Kabel zu verbinden und erst einmal alles zu installieren, wenn man den Hersteller- Treiber verwenden will, gehören dazu auch die Pakete build-essential und passende Kernel-Header, damit man den Programmcode für den Treiber übersetzen kann.
Wer sich damit nicht auskennt, sollte besser gleich brcmsmac verwenden, wie das geht, ist hier gut beschrieben. Nach einer Standard- Installation von Wheezy und Nachinstallation des WLAN-Treibers gibt es mit Debian aber immer noch kleinere Probleme:
- die Tasten zur Einstellung der Bildschirm-Helligkeit haben keine Wirkung (wie bei allen Linux Distris)
- die Lautstärke-Regelung ist mit den dafür vorgesehenen Tasten auch nicht immer zuverlässig
- die Ein/Ausschaltung des WLAN-Adapter mit FN-F3 ist unwirksam
- die WLAN Verbindung bricht gelegentlich weg- vermutlich weil gelegentlich irgendwie der Sender abgeschaltet wird
Ich habe zur Installation allerdings einen schlanken xfce- Desktop genutzt- die Tastenprobleme bestehen beim „originalen“ Gnome- Desktop möglicherweise nicht.
Ubuntu auf dem Aspire E1-531
Nach den Problemen mit der Debian-Installation - vor allem die Nichtsteuerbarkeit des WLAN-Einschaltung - beschloß ich, auf einer weiteren Partition noch Ubuntu 13.04 (Raring Ringtail) zu installieren. Die 64-Bit Live-CD der Distribution startete ohne Probleme und auch die WLAN-Verbindung klappte auf Anhieb und mit FN-F3 konnte man den WLAN-Adapter auch ein- und ausschalten - nur die WLAN LED leuchtete nie auf. Bis auf die Tasten zur Steuerung der Bildschirmhelligkeit funktionierte auch alles andere auf Anhieb. Nur der Ubuntu- Desktop an sich gefiel mir gar nicht. Die ständige, extrem nervige Belästigung mit „Shopping - Angeboten“ ist unerträglicher als bei seriösen Suchmaschinen und wird allenfalls noch von den zwielichtigsten Porno- und Warez- Seiten übertroffen. Dafür fand ich in der Programmliste der Vorinstallationen kaum ein Programm, das ich für irgend etwas sinnvolles hätte nutzen können.
Ich habe Ubuntu hauptsächlich deshalb installiert, weil es auf Debian, das ich gut kenne basiert, aber eben durch Vorinstallation von ein paar „unfreien“ Treibern und eine größere Aktualität gerade auf neueren Notebooks bequemer zu installieren ist. Einen Desktop, der mich mit einem noch übleren Kramladen als die oben kritisierten Windows- Notebooks belästigt, brauche ich aber wirklich nicht. Ich hätte nun vielleicht auf Xubuntu (Xfce Desktop), Lubuntu (Lxde Desktop) oder Kubuntu (KDE Desktop) ausweichen können, aber wenn ich schon zwei verschiedene Linux Distros auf dem Notebook haben will, ist es vielleicht ganz praktisch, ein Linux einer ganz anderen Entwicklungslinie zu nehmen, um neben Debian-Paketen (Deb- files) auch Red-Hat Pakete (Rpm- files) einfach verwenden zu können. Deshalb wollte ich es nun mit Fedora, der „freien“ Version des kommerziellen Red-Hat Linux versuchen.
[Update]
Ich habe jetzt doch noch eine Ubuntu-Partition auf den Notebook- allerdings die Variante „UbuntuGNOME 13.04“. Diese Version stellt sich wie eine „ganz normale“ Gnome 3.6 Distribution - wie das unten genannte Fedora 18 dar - ohne den „Werbemüll“ der Unity-Oberfläche. Mit Fedora und Ubuntu auf dem Notebook kann ich nun beide großen Software- Repositories nutzen bzw. nahezu jedes für Linux verfügare Paket per aptitude oder yum leicht installieren.
Beide Betriebssystem teilen sich die Home-Partition, sodaß die 512 GB Platte des Notebooks mir Zugang zu all meinen Daten und Programmen ermöglicht.
The winner is : Fedora 18
Meine ersten Linux-Erfahrungen machte ich mit SuSE und Slackware zu Beginn der 1990er. Da ich mit KDE, Yast und der RPM- Paketverwaltung nie glücklich wurde und mir diese Systeme einige graue Haare und eine endlose Fummelei gebracht haben, habe ich mich später - gerade auch im Serverbetrieb - eher an Debian verwandten Distributionen orientiert und die Red-Hat Linie etwas aus dem Auge verloren. Um so erfrischender fand ich nun Fedora 18 alias „Spherical Cow“. Auch hier startete bereits die Live-CD ohne Probleme und bis auf die Steuerung der Bildschirmhelligkeit funktionierte alles. Die Funktion zur automatisierten Übertragung der Live-CD auf Festplatte versagte allerdings mangels freier Partition, denn da waren ja noch Debian und Ubuntu. Ich entfernte dann unter Debian einfach die Ubuntu- Partition und konnte darauf Fedora ohne Probleme mit der Übertragungsfunktion auf die jetzt freie Partition installieren. Fedora richtete GRUB unter Beibehaltung der Debian- Starteinträge gleich richtig ein, sodaß ich seither beim Start die Wahl zwischen Debian und Fedora habe- genau so wie ich es haben wollte.
Als Desktop verwendet Fedora 18 Gnome 3.6, daß zwar auch vom seit iOS, Android und Windows 8 grassierenden „Tablettismus“ oder „Handywahn“ aller aktuellen Bedienoberflächen betroffen ist, aber Fedora bietet -zumindest- für meine Ansprüche - recht passende und brauchbare Werkzeuge an und versteckt nicht „zu technische“ Tools irgendwo, wo sie kein Mensch mehr findet. Obwohl ich mich mit Teilen der Red-Hat-Umgebung wie etwa der Paketverwaltung nicht gut auskenne, konnte ich ganz intuitiv und schnell ein System so zusammenstellen, wie es meinen Anforderungen entspricht- ohne ständig durch Werbemüll und Nutzlos- Apps von der Arbeit abgehalten zu werden wie bei Ubuntu.
Über wirklich wichtige Dinge- etwa Sicherheits-Verletzungen werde ich Dank SE-Linux informiert, auch ohne Konfigurations-Stress läuft von Anfang an alles sehr rund und tut, was ich von einem Arbeitsgerät erwarte. Auch die Installation meines Office-Jet Druckers und eine Menge abschließender Wartungsarbeiten an den Dateisystemen, Netzeinstellungen, Einklinken in eine Windows- Active- Directory Domäne mit Outlook- all das geht unproblematisch und ganz intuitiv.
Wer also einen preiswerteren und leistungsfäheren Ersatz für ein altes Windows-Notebook sucht und sich keinesfalls das durch Tablett-Firlefanz- und Bloat-Altlasten restlos versaute Windows-8 mit seiner unbrauchbaren Badezimmer-Kachelsammlung antun will, ist mit dem Aspire E1-531 sehr gut beraten - wenn er Fedora oder ein ähnliches Linux darauf installiert und sich nicht von der vorinstallierten Linpus -Shell erschrecken läßt. [Update: 3D Graphic]
Eigentlich kann man von Intel's in die B960 CPU integrierten HD Graphic keine nennenswerte 3D- Unterstützung erwarten. Der von Fedora 18 standardmäßig installierte Xorg Server besitzt somit auch gar keine. Nun gibt es von Intel aber inzwischen einen Installer für offizielle Linux Grafiktreiber. Dazu gibt es hier eine Anleitung zu deren Installation.
Somit kann man in Verbindung mit Wine oder via Steam zumindest ältere oder weniger anspruchsvolle 3D Spiele auch mit diesem Notebook spielen. HalfLife etwa funktioniert so mit wirklich beeindruckenden Frameraten.